Wenn Dinge ins Rutschen geraten
Teil 13 (Nachwort)
In
meinem Leben dachte ich oft, alles sei in Ordnung und kurze Zeit
spÀter ist etwas, scheinbar plötzlich, völlig aus den Fugen geraten.
Durch
negative Erfahrungen, die bereits in meiner frĂŒhen Kindheit begonnen
haben, lernte ich im Leben nicht mehr 1000%ig zu vertrauen. Leider
bleibt im Leben dauerhaft nichts so, wie es gegenwÀrtig ist.
Alles ist einem stÀndigen Wandel unterzogen:
Das
Wort, die Schrift, die Kommunikationsformen, der Informationsfluss,
die Berufswelt, die groĂe und kleine Politik oder die Religionen. Diese VerĂ€nderungen
wirken dynamisch und in einer wechselseitigen Beziehung auf jeden
Menschen mit seinen Freundschaften und Liebesbezienungen ein. Die
Auswirkungen sind individuell unterschiedlich.
Alles ist miteinander vernetzt und somit kann jeder jeden beeinflussen, ob direkt oder indirekt.
Ich
bin wahrlich kein einfacher Mensch. Manchmal bin ich sperrig,
umstÀndlich und nicht immer guter Laune. GrundsÀtzlich bin ich ein
normaler Mensch, nÀmlich nicht perfekt.
Mit Niederlagen kann ich nur dann umgehen, wenn ich mir vorstelle, dass das Leben aus stÀndigen Lebenswendepunkten besteht.
Mathematisch
betrachtet halte ich (!) das Leben fĂŒr eine "Kurvendiskussion" mit
ihren Symmetrieeigenschaften sowie Extrem- und Wendepunkten. Die
genetische Veranlagung und die Gesundheit ist der Definitionsbereich und
das soziale Umfeld (Familie, Beruf, Freunde, der Staat usw.) bilden
die Achsenabschnitte. All das kombiniert mit dem eigenen Willen, dem
Einfluss des sozialen Umfeldes, den oben beschriebenen VerÀnderungen und
der Summe von Lebenserfahrungen, ergibt den Lebensverlauf eines
Menschen.
Mit dieser Sichtweise
kann ein schöner oder schlechter Moment nicht ewig andauern. Die Tragik
ist, dass ich charakterlich so veranlagt bin, allgemeine VerÀnderungen
erst nach eingehender ĂberprĂŒfung einer Notwendigkeit zuzulassen.
Viele Ănderungen waren nicht positiv, daher beĂ€uge ich grundsĂ€tzlich
alles unter einer misstrauischen Brille. Ich halte gern an vertrauten
Ritualen fest, weil mir diese Sicherheit und RĂŒckhalt geben.
Da ich nicht fehlerfrei bin, habe ich viele negative Wendepunkte in meinem Leben mit zu verantworten.
-Ende-
Anbei mein neuestes Gedicht. Vor dem Lesen bitte unbedingt die Kategorie "GrundsÀtzliches zu meinen Gedichten" lesen, um z.B. die Entstehung und den Inhalt meiner Gedichte nachvollziehen zu können.
...,denn mein Sommer endet hier.
Von
regenbogenverschmierter Kindheit
zum Lebensrand.
Die Herbstsonne Berlins
verursacht Atemnot.
Der Schneemann
im Garten
trinkt Rotwein
und zÀhlt die Blumen,
die aus einer TrÀnenrinde
emporwachsen.
Das Gestern
ertrank im Alltagssee.
Ich liege nackt
im Scherbenmeer
vor einer Gletscherspalte.
Meine KindheitstrÀume
produzieren AngstzustÀnde.
Der Stein im Herzen
trÀgt mich unbeschwert
durch das Leben.
Verloren im Transit,
mit einer Kerze
in der Hand.
Der tiefe Winter naht.
Mein Fluss
hat eine Haut bekommen,
auf der die Sehnsucht
Schlittschuh fÀhrt.
Trauermaschine
zerschmettert die Eisdecke,
denn mein Sommer endet hier.
Pascale A.
Berlin, den 5. Oktober 2014
07.10.14
Wenn Dinge ins Rutschen geraten
Teil 12 (Neustart in ein verÀndertes Leben, aber wie?)
Es sagt sich so leicht:"Neustart in Berlin." Doch wie beginnt man ein neues Leben?
ZunĂ€chst gilt es einen Fahrplan fĂŒr die nĂ€chsten Wochen zu erstellen:
1.
Diese Woche steht im Zeichen des Auspackens und des Zurechtfindens im
Haus. Das schönste Ereignis in dieser Woche ist Leonards Geburtstag!
2. Parallel dazu gibt es im Haus noch viele handwerkliche Dinge zu erledigen, die nach und nach anfallen.
3. In den nÀchsten Tagen beginne ich damit formale Angelegenheiten zu erledigen.
4.
Die nĂ€chste groĂe Bewerbungsphase beginne ich Mitte des Monats, wenn
die formalen Angelegenheiten soweit in die Wege geleitet wurden.
5.
Ich leide sehr darunter, Leonard nicht mehr ganz so oft zu sehen. Vor
der Trennung war ich "Vollzeitpapa" d.h. ich konnte Leo so oft sehen,
wie ich wollte. Nun sehen wir uns, bedingt durch die Trennung, weniger
hĂ€ufiger als frĂŒher. Viele AblĂ€ufe werden sich in den nĂ€chsten Monaten
noch einpendeln mĂŒssen. Ich bin sehr zuversichtlich, dass das gut
gelignt.
6. Nun habe ich
völlig andere TagesablÀufe und ein anderes soziales Umfeld, als vor der
Trennung. Auch diesbezĂŒglich mĂŒssen sich neue Strukturen bilden und
AblÀufe aufeinander abgestimmt werden.
7.
Freundeskreis. Ich versuche nach und nach einige alte Freunde und
Bekannte zu treffen, um auszuloten, ob es noch Gemeinsamkeiten gibt.
SchlieĂlich sind wir nicht mehr dieselben Menschen wie vor 16 Jahren.
8.
Die Stadt. Diese Stadt Berlin ist meine Liebe und mein Schmerz. Wenn
ich durch die StraĂen von Neukölln fahre, habe ich das GefĂŒhl, als sei
ich aus einem langen Traum erwacht. Alles ist so vertraut aber doch so
neu. Ein unbeschreiblich komisches GefĂŒhl. 01.10.14
In wenigen Tagen beginnt der Umzug in mehreren Schritten: Zuerst das Ausmisten der Sachen und das Packen der Kisten. Dann werden die Möbel abgebaut, bevor der SperrmĂŒll kommt. AnschlieĂend hier und da streichen, zuletzt das Putzen der Wohnung. Parallel dazu mĂŒssen formelle Angelegenheiten erleidigt werden.
Im Abendglanz.
Vaterlos.
In wenigen Tagen nĂ€hert sich der Berliner Mauerfall zum 25 Mal. Es ist an der Zeit fĂŒr einen kurzen RĂŒckblick meiner Erlebnisse. Diesen Eintrag hatte ich vor vielen Jahren schon einmal gepostet. Er ist unter "Erlebnisse" zu finden.
"Mein" 09. November 1989
Wenn Dinge ins Rutsche geraten
Teil 11 (Das Ende)
Viele
Kisten stehen schon gepackt im Arbeitszimmer. Die letzten Abschiede
wurden begangen, die letzten Biere in dieser Stadt getrunken.
Montag wird damit begonnen, sÀmtliche Möbel abzumontieren. Dienstag
werden viele EinrichtungsgegenstĂ€nde auf den SperrmĂŒll gegeben, der
Mittwoch abgeholt wird. Zwischendruch werden immer wieder Kisten und
SĂ€cke eingepackt. Der Mittwoch steht im Lichte der Abschlussarbeiten und
des Putzens. Wenn alles wie geplant verlÀuft, kommt Donnerstag das
Umzugsunternehmen. Die WohnungsĂŒbergabe hier ist am Freitag, danach
fahre ich mit Leonard nach Berlin.
Nach dem Wochenende beginnt fĂŒr Leonard die Eingewöhungsphase in seiner neuen KITA.
17.9.14
Wenn Dinge ins Rutschen geraten
Teil 10 (Im Transit)
In wenigen Tagen beginnt der Umzug in mehreren Schritten: Zuerst das Ausmisten der Sachen und das Packen der Kisten. Dann werden die Möbel abgebaut, bevor der SperrmĂŒll kommt. AnschlieĂend hier und da streichen, zuletzt das Putzen der Wohnung. Parallel dazu mĂŒssen formelle Angelegenheiten erleidigt werden.
Ich
befinde mich gedanklich in der ĂberfĂŒhrung zwischen dem alten und
neuen Leben. Der Schmerz ist unbeschreiblich, den ich dabei fĂŒhle.
Diese "Transitstrecke" ist fĂŒr mich ein emotionales Durcheinander.
Ich
habe das GefĂŒhl, als mĂŒsste ich alles neu erlernen, sogar das Laufen
und Atmen. Ich beginne ein neues Leben und muss lernen, diese
VerÀnderung bzw. diesen Transformationsprozess zuzulassen. Es wird
gelingen.
09.09.14
Wenn Dinge ins Rutschen geraten
Teil 9 (Abschied nehmen)
The final countdown.
In
diesen Tagen und Wochen ist vieles auf Abschied programmiert. Der
Umzug mit seiner ganzen Planung und Organisation im Vorfeld, steht in
circa 4 Wochen vor der TĂŒr. DiesbezĂŒglich umgibt mich eine tiefe Traurigkeit,
die ich versuche zu verbergen, meistens gelingt mir das jedoch nicht.
AuĂerdem kann ich nachts kaum noch durchschlafen, weil ich AlbtrĂ€ume
habe.
Ich nehme Abschied von dieser Stadt S.:
Ende
der 90'er Jahre zog ich nach S., um ein Studium in
Volkswirtschaftslehre zu beginnen. Was aus meiner Studienkarriere
geworden ist, habe ich berichtet. Ich zog damals aus Berlin fort, um in
dieser Stadt neu anzufangen. Hier habe ich viele schöne Augenblicke
erlebt. Auf Leonards Geburt und weitere unvergessliche Momente mit ihm
sowie meiner Frau blicke ich mit gröĂter Freude zurĂŒck.
Wenn
kein weltbewegender Grund vorliegt, werde ich diese Stadt S. nicht
mehr besuchen und somit nie mehr wiedersehen. Leider geschehen viele
VerÀnderungen parallel, der Verzicht auf diese Stadt ist die harmloseste
VerÀnderung.
Ich werde
(zumindest vorĂŒbergehend) nach Berlin ziehen, in diejenige Stadt, von
der ich 1998 nach S. aufbrach, um in ein neues Leben zu starten. Nun
kehre ich als (in vielen Hinsichten) gescheiterter Mann dorthin zurĂŒck.
Der Kreis schlieĂt sich. Fortan steht Berlin in meinem Leben fĂŒr
VerÀnderung und Neubeginn.
Ich nehme Abschied von den gewohnten FamilienablÀufen:
Noch
sind einige der tÀglichen FamilienablÀufe, insbesondere die in Bezug
auf Leonard, so wie vor der Trennung. Nach der rÀumlichen Trennung Ende
September wird sich mein "praktisches Vater-Darsein" ĂŒberwiegend auf
die Wochenenden verlagern. Viele AblÀufe werden sich neu einpendeln
mĂŒssen.
Wir hatten eine schöne
und groĂe Wohnung fĂŒr verhĂ€ltnismĂ€Ăig wenig Miete. Sie lag unmittelbar
in Uni-NĂ€he und der Weg zu Leonards KITA war nur ein Steinwurf
entfernt. Bald werden die Kisten und Koffer gepackt, einige GegenstÀnde
kommen auf den SperrmĂŒll. Der Abschied vom gemeinsamen Familienleben
fÀllt mir besonders schwer.
Ich nehme Abschied von Freunden, Bekannten und netten Kommilitonen:
Man
lernt im Laufe der Studienjahre eine Menge Menschen kennen, von denen
man glaubt, dass man dauherhaften Kontakt zu ihnen hat. Wie das nunmal
so ist, viele ziehen nach oder mitten im Studium fort und man verliert
sich, trotz intensiver BemĂŒhungen, aus den Augen. Von den noch ĂŒbrig
gebliebenen Freunden, Bekannten und Kommilitonen, die mir am Herzen
liegen, möchte ich mich in den kommenden Wochen persönlich
verabschieden, wenn es meine Stimmungslage zulÀsst.
30.08.14
Wenn Dinge ins Rutschen geraten
Teil 8 (Umzug nach Berlin)
Bezugnehmend auf Teil 4 (Umzug in eine neue Stadt) gibt es eine vorlÀufige
Entscheidung zu verkĂŒnden. Ich werde Ende September fĂŒr eine begrenzte
Zeit zu meiner Schwester nach Berlin, in meine alte Heimatstadt,
ziehen!
Die Trennung zwischen
meiner Frau und mir, die Ende September auch rÀumlich stattfinden wird,
hat leider auch Schwierigkeiten in der Entscheidung bezĂŒgl. der
StÀdtewahl mit sich gebracht. SelbstverstÀndlich möchte ich als Vater
auch rÀumlich in der NÀhe unseres Sohnes bleiben. Berlin ist nicht ganz
so weit weg von Leonards neuer Bleibe. Das Pendeln an den Wochenenden
werde ich gerne in Kauf nehmen und die genaue Ausgestaltung wird sich
dann zeigen.
Ich werde den
"Zwischenstopp" bei meiner Schwester dafĂŒr nutzen, eine Wohnung zu
finden. Zur Zeit gibt es einige organisatorische Schwierigkeiten, auf
die ich hier nicht nÀher eingehen möchte, die diesen Schritt notwendig
machen. Es besteht nach einer gewissen Zeit durchaus die Möglichkeit in
diejenige Stadt zu ziehen, in der Leonard und meine Frau wohnen, wenn
ich dort eine Arbeit finde von der ich leben kann. Die Bewerbungen
versende ich ab jetzt in beide StÀdte, denn das Erhalten einer
Arbeitsstelle ist dringend notwendig.
Mein
gedankliches Dilemma, das ich in diesem Blog mehrfach erwÀhnt habe,
bleibt auch nach meiner vorlÀufigen Entscheidung bestehen. Wer wohnt
nicht gern in derjenigen Stadt, in der sein Kind wohnt, damit er es
möglichst oft sehen kann?
30.7.14
Wenn Dinge ins Rutschen geraten
Teil 7 (Parteiaustritt)
Die
meisten meiner Blogleser, die mich persönlich kennen, wissen, dass ich
jahrelang Mitglied einer Partei war. Diese Partei, deren Namen ich
hier nicht nennen möchte, habe ich jetzt aus verschiedensten GrĂŒnden
verlassen.
Hier einige Anmerkungen, die aber nur oberflÀchlicher Natur sind.
1.
Ich bin nicht mehr derjenige Pascale, der ich vor wenigen Jahren war,
denn ich habe mich weiterentwickelt. Somit haben sich auch Teile meiner
politischen Anschauung verÀndert.
2.
Wie ich auf dieser Internetseite schilderte, hat sich mein ganzes
Leben komplett verÀndert und ich muss zusehen, diese Neuerungen positiv
zu gestalten. Ich habe nicht mehr die nötige Lust und Energie mich
parteipolitisch zu engagieren, weil ich mich in den kommenden Monaten
voll auf mich und mein neues Leben konzentrieren muss.
Tiefergehende BeweggrĂŒnde, warum ich diese Partei verlassen habe, möchte ich nicht nennen!
Seit
meinem 14. Lebensjahr bin ich ein politisch denkender und
interessierter Mensch, das wird sich auch nach meinem Parteiaustritt
nicht Àndern.
Ich habe schon
lÀnger mit dem Gedanken gespielt nicht mehr parteipolitisch gebunden
sein zu wollen. Am Ende meines Denkprozesses steht nun der
Parteiaustritt.
Bis auf Weiteres
werde ich diese Partei wÀhlen, denn ich halte sie besonders auf
Bundesebene fĂŒr wichtig. Zu einer Mitgliedschaft gehört jedoch mehr als
"nur" reine Symphatie.
Die
meisten von Euch, meine nun ehemaligen Parteifreunde, werde ich nicht
mehr wiedersehen, da ich diese Stadt bald verlassen werde. Trotz all den
UmstÀnden möchte ich ALLEN Kreisverbandsmitgliedern alles Gute
wĂŒnschen.
Dieser
Eintrag stellt eine AnkĂŒndigung dar und ist nicht Gegenstand einer
Debatte. Jede Diskussion ĂŒber meinen Austritt oder Ăhnliches wird von
mir sofort unterbunden!
PS: Ich
lade all diejenigen Kreisverbandsmitglieder ein, die nun den Weg auf
meine Homepage gefunden haben, in meinem Internet-Tagebuch
herumzustöbern. Wieviele Jahre kennt ihr mich? Nach dem Lesen des
Tagebuches werdet ihr merken, dass ihr mich bisher gar nicht kanntet!
Es gibt viel zu entdecken.
Viel SpaĂ:-)
29.7.14
Wenn Dinge ins Rutschen geraten
Teil 6 (Meine verÀnderte Rolle als Vater)
Seit der Trennung mache ich mir Gedanken, wie wohl meine neue Rolle als Vater aussehen wird?
Im
Moment wohnen wir noch zusammen. Die Familienstrukturen und -ablÀufe
sind aus Leonards Sicht noch vorhanden. Doch irgendwann Ende September
werden wir alle ein völlig verÀndertes Umfeld haben (neue Wohnung/neue
Stadt usw.) und ein verÀndertes "Familienleben" beginnen zu leben.
Leonard wird sehen, dass seine Mama und sein Papa nicht mehr zusammen in
einer Wohnung leben und Papa z. B. auch nicht mehr jeden Abend mit am
Abendbrotstisch sitzt. Am Abendbrotstisch sitze ich nur noch mit ihm
allein in meiner neuen Wohnung, wenn er mal bei mir ĂŒbernachtet.
Fakt ist, dass ich Leonard deutlich weniger sehen werde, als im Augenblick. Egal, in welche Stadt ich ziehen werde. Das tÀgliche
Miteinander wird es ab Ende September leider nicht mehr geben, auch
wenn ich natĂŒrlich versuchen werde, ihn so oft wie möglich zu sehen.
Die
rÀumliche Trennung in verschiedene Wohnungen wird eine verÀnderte
Vaterrolle gegenĂŒber Leonard mit sich bringen, nicht weil ich es will,
sondern weil es die UmstÀnde so vorgeben. Es ist ein Unterschied, ob man
nahezu tÀglich prÀsent ist oder "nur" wenige Tage in der Woche.
Somit
schlieĂt sich der Kreis wieder zu meinem Dilemma bezĂŒglich der
StÀdtewahl. Auf der einen Seite muss ich auch an mich denken, wie mir
von fachkundiger Seite erlÀutert wurde. Ich muss in diejenige Stadt
ziehen, in der ich mich am Wohlsten fĂŒhle. Denn wenn ich mich wohl
fĂŒhle, ĂŒbertrĂ€gt sich das auch positiv auf Leonard. Er hat dann einen
viel entspannteren Vater vor sich.
Aber
was ist schon die "richtige" Entscheidung bezĂŒglich der StĂ€dtewahl?
FĂŒhle ich mich in Berlin wieder wohl oder vielleicht doch in der anderen
Stadt?
SelbstverstÀndlich bin
ich mit Stolz sowie gröĂter Freude Leonards Vater und werde diese Rolle
auch aktiv ausĂŒben, aber ich bin kein "Familien-Vater" mehr d. h.
Leonard erlebt mich (bis auf Geburtstage usw.) nicht mehr tÀglich mit
seiner Mutter zusammen.
Wie wird ihn das verÀndern?
Ich
hoffe sehr, dass Leonard und ich die (im Vergleich zu jetzt) wenige
Zeit verstĂ€rkt genieĂen werden. Die fachkundige Person sagte auch, dass
ich nicht den Fehler machen sollte, wenn ich ihn sehe, stÀndig etwas
BESONDERES mit ihm zu unternehmen. So kann es schnell passieren, dass
man eine Art "SpaĂ-Papi" wird, der mit seinem Kind nur in den Zirkus
usw. geht.
Ok, aber ist es nicht
nachvollziehbar mit seinem Kind eine schöne Zeit verbringen zu wollen
und zu erleben, wie es sich freut? Man muss halt versuchen einen
Mittelweg zu finden.
FĂŒr Leonard
werde ich, so oft es mir möglich ist, da sein. DarĂŒber hinaus wĂŒnsche
ich mir, dass er diese vielen Neuerungen in seinem Leben (Trennung der
Eltern/KITA/Neue Wohnung/Neue Stadt/Papa nicht mehr so oft da usw.)
schnell annimmt und damit umgehen kann. Es wird sicher eine Weile
dauern, bis er versteht, das er mich nicht mehr tÀglich sehen kann.
Ich bin sehr gespannt auf meine neue Rolle und werde diese VerÀnderung annehmen.
18.7.14
Wenn Dinge ins Rutschen geraten
Teil 5 (Ende ArbeitstĂ€tigkeit als Produktionshelfer und Arbeitssuche einer BĂŒrostelle)
Freitag
endete mein sechsmonatiges ArbeitsverhÀltnis mit einer Krankmeldung.
Somit konnte ich den letzten Arbeitstag leider nicht bewerkstelligen.
Die
letzten Monate haben mich sehr geprÀgt. Ich habe tiefe Einblicke in
die "Welt der Produktion" erhalten und weiĂ nun, wie es in den
ProduktionsstÀtten ablaufen kann. Es geht dort nicht zimperlich zu.
Schnelligkeit und Ausdauer sind wichtige Voraussetzungen, um in der
Produktion bestehen zu können.
Ich muss die vielen EindrĂŒcke und Erlebnisse erst einmal sacken lassen und verarbeiten, bevor ich eine Bewertung abgeben kann.
Wie geht es bei mir beruflich weiter?
1.
Mein Ziel ist es nach wie vor als BĂŒroassistent arbeiten zu können,
weil ich darin ausgebildet bin und ein fast abgeschlossenes BWL -Studium
vorweisen kann.
2. Ich hoffe, dass ich relativ schnell eine Arbeitsstelle finde.
3.
Ich bin bereit, sollte ich keine BĂŒrostelle erhalten, den Gang in
einen anderen Berufszweig zu wagen, wenn dazu eine Möglichkeit besteht.
4.
Die Koordination Beruf/Kind ist wichtig, denn ich möchte Leonard ab
Oktober möglichst oft sehen. Es finden sich immer Wege, um Beruf und
Kind zu vereinbaren.
5. WÀhrend der nÀchsten Zeit werde ich sehr oft am PC sitzen, um Job-Börsen zu durchfosten und um Bewerbungen zu schreiben.
Die kommenden Monate werden zeigen, in welche Stadt ich ziehen und welche Arbeitsstelle ich antreten werde.
6.7.14
Wenn Dinge ins Rutschen geraten
Teil 4 (Umzug in eine neue Stadt)
Bezugnehmend auf Eintrag 561 (getrennte Wege), nannte ich zwei Varianten möglicher Wohnorte:
Variante1:
Ich ziehe in diejenige Stadt, in der Frau und Leonard wohnen. Ich
könnte somit in Leonards NÀhe bleiben bzw. ihn öfter sehen.
Variante2: Ich ziehe nach Berlin. Dort bin auch aufgewachsen und ich fĂŒhle mich mit dieser Stadt emotional verbunden.
Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Die Entfernung zwischen beiden Varianten betrÀgt ca. 2 Stunden mit dem Bus.
Nachteil
Variante1: Diese Stadt ist zwar sehr schön, aber bis auf Frau und Kind
bin ich dort völlig fremd. Und meine Frau wird bald beginnen ihr
eigenes Leben dort zu leben. Ich mĂŒsste mir einen eigenen Freundeskreis
aufbauen. Das war schon schwer, als ich von Berlin aus in diese Stadt
hier zog, in der wir jetzt leben. Ich hÀtte mir ohne Vorbehalt
vorstellen können, mit der Familie gemeinsam in dieser Stadt zu leben.
Es ist jedoch ein Unterschied, wenn ich völlig allein dort wohne.
Nichtsdestotrotz bleibt diese Variante eine Option, denn vielleicht lebe
ich mich schnell ein?
Nachteil
Variante2: Ich könnte Leoanrd nicht ganz so oft sehen und ich mĂŒsste
an den Wochenenden pendeln. Das Pendeln an den Wochenenden wÀre kein
Problem, denn ich möchte ja Leonard sehen, dennoch wÀre der
organisatorische Aufwand höher als in Varinate1. Sollte ich in Berlin
schnell eine Arbeit finden, wÀre ein Treffen mit Leonard innerhalb der
Woche extrem schwierig und es wĂŒrde sich fast ausschlieĂlich auf die
Wochenenden konzentrieren.
Ich befinde mich bezĂŒglich Wohnort in einem Dilemma! Im Moment steht die Wahl zwischen beiden StĂ€dten bei 50 zu 50.
Die
Entscheidung hÀngt von Faktoren ab, die ich noch nicht einschÀtzen
kann. Zur Zeit suche ich in beiden StÀdten nach Wohnungen und Jobs bzw.
fange damit in den nÀchsten Wochen intensiv an. Im Moment befinde ich
mich noch im "Recherche-Modus" nach einer Wohnung und geeigneter Arbeit.
Im Notfall könnte ich
vorĂŒbergehend bei meiner Schwester unterkommen und dann von dort aus in
beiden StÀdten nach Job und Wohnung suchen.
Meine
Frau und ich möchten versuchen, die UmzĂŒge gemeinsam durchzufĂŒhren, um
Aufwand zu sparen. Die UmzĂŒge werden im SpĂ€tsommer bzw. Herbst
stattfinden. Ein genaues Datum steht noch nicht fest. Ich halte Euch
diesbezĂŒglich auf dem Laufenden.
In meinem Leben stehen die Zeichen auf Neuanfang und VerÀnderungen.
27.5.14
Wenn Dinge ins Rutschen geraten
Teil 3 (Getrennte Wege)
Diese AnkĂŒndigung ist die schmerzhafteste, seit dieser Blog besteht: Meine Frau und ich gehen seit kurzer Zeit getrennte Wege!
Ich möchte jedoch hervorheben, dass unsere Trennung selbstverstÀndlich im Guten
ist, besonders im Hinblick auf unseren Sohn Leonard. Fragen wie:
"Pascale, wie kam es zu Eurer Trennung?" werde ich hier nicht
beantworten.
Somit wird es im SpĂ€tsommer 2 UmzĂŒge geben (Bis dahin wohnen wir zusammen):
Variante1: Ich ziehe in diejenige Stadt, in die Frau und Kind ziehen.
Variante2:
Ich ziehe wieder nach Berlin, in meine alte Heimatstadt. Die
Entfernung zwischen Variante 1 betrÀgt ca. 2 Stunden mit dem Bus.
Beide
Varianten haben Vor- und Nachteile und hÀngen von mehreren Faktoren
ab, die im Moment nur schwer abschÀtzbar sind. Mir fÀllt es nicht ganz
leicht die organisatorischen Angelegenheiten (Wohnungs- und Jobsuche)
aus der aktuellen VollzeichtbeschÀftigung heraus zu planen. Wir
versuchen die UmzĂŒge möglichst zusammen zu organisieren und
durchzufĂŒhren.
Die NĂŒchternheit und Sachlichkeit meiner Formulierungen soll nicht darĂŒber hinwegtĂ€uschen, dass es mir emotional nicht gut geht!
17.5.14
Wenn Dinge ins Rutschen geraten
Teil 2 (Erfolgloses Studienende)
Wie
ich bereits hier in meinem Blog mehrfach erwÀhnte, bin ich (vorerst)
in meinem BWL-Studium gescheitert. Das Studium war bis auf die
Klausuren Wirtschaftsenglisch und Statistik fertig, sogar die
Bachelor-Arbeit hatte ich bestanden.
In diesen beiden Klausuren war ich jeweils im letzten PrĂŒfungsversuch.
Ohne
ins Detail gehen zu wollen: Meine WidersprĂŒche gegen die Bewertungen
wurden abgelehnt. Nun lÀuft eine Klage gegen diese Ablehung. Aufgrund
der UmstÀnde, auf die ich nicht nÀher eingehen möchte, besteht eine kleine Möglichkeit, dass die Klage Erfolg haben könnte.
Da
ich jedoch kein TrÀumer bin, habe ich mich innerlich mit diesem
Zustand des Scheiterns abgefunden. NatĂŒrlich freue ich mich sehr, wenn
meine Klage Erfolg haben sollte.
In
mir ist eine Welt zusammengebrochen! Obwohl mein Studium sehr lange
dauerte (UmstĂ€nde habe ich in meinem Blog ausfĂŒhrlich beschrieben z. B.
im Eintrag 300), hatte ich dennoch auf ein Studienerfolg gebaut. Jetzt
muss ich leider mit den negativen Konsequenzen leben.
Mein
erfolgloses Studienende ist nur eine Station vieler groĂer und kleiner
UmbrĂŒche, die stattgefunden haben bzw. im Moment stattfinden und deren
AusmaĂ sich fĂŒr mich erst in den kommenden Jahren zeigen wird. Obwohl
ich aktuell eine Stelle als Produktionshelfer ausĂŒbe, wird es nicht
leicht sein, sich wieder auf BĂŒrostellen zu bewerben bzw. eine Ă€hnliche
Stelle als Produktionshelfer nach dem groĂen Umzug zu bekommen.
Die Bewerbungsphase auf Stellen fĂŒr den SpĂ€tsommer wird sehr bald beginnen.
8.5.14
Wenn Dinge ins Rutschen geraten.
Teil 1 (Vorwort)
Es
gab Epochen in einem Leben, in denen ich glaubte und mir erhoffte,
alles wĂŒrde so (stabil) bleiben, wie es ist. Doch die Umwelt und ich
wirkten mit unserer Dynamik unaufhörlich auf diesen bestehenden Zustand
ein, sodass schöne oder erstrebenswerte VerhÀltnisse in meinem Leben
ins Rutschen kamen. Mir steht eine verÀnderungsreiche Epoche wieder
bevor!
Beispiele von
(negativen) VerÀnderungen, die mein Leben geprÀgt haben, erfahrt ihr in
den nachfolgenden Teilen. Der 2. Teil wird von meinem gescheiterten
Studium handeln.
Manchmal
wollte ich mich dem sogenannten "Stein, der ins Rollen kam", in den Weg
stellen oder ihn anhalten, doch naturgemÀà nahmen die Dinge ihren
eigenen Lauf, weil plötzlich vieles eine Eigendynamik entwickelte, auf
die man nur begrenzt einen Einfluss hatte. Immer, wenn ich einen Zustand
"festhalten" wollte, verhielt er sich wie ein nasses StĂŒck Seife, nach
dem man schnell greifen möchte, damit es nicht herunterfÀllt.
RĂŒckblickend betrachtet gab es manche Ereignisse in meinem Leben, in
denen ich mir wĂŒnschte, ich hĂ€tte mich anders (besser) verhalten.
(Fortsetzung folgt...)
2.5.14
RĂŒckblick 1 (Tod meines Vaters vor 25 Jahren am 5.8.89 um 01.05 Uhr)
Im
August vor 25 Jahren starb mein Vater nach langer und schwerer
Alkohlkrankheit. Seine Sucht war fĂŒr die ganze Familie ein
zerstörerischer Prozess, der in seinem Tod endete.
Ich möchte meine Gedanken nur kurz zusammenfassen:
Mein
Vater war ein sehr charismatischer und geselliger Mensch. Er konnte
mit seiner Redegewandheit sÀmtliche Feierlichkeiten zum Lachen bringen
und war ein guter WitzeerzÀhler. Kam er einmal ins Reden, hingen viele
Menschen förmlich an seinen Lippen und erfreuten sich an seiner
lustigen Art.
In seiner
Kindheit war er TorhĂŒter in einer kleinen Fussballmannschaft und
Mittelpunkt des Teams. SpÀter war er EinkÀufer und Abteilungsleiter
einer bekannten Warenhausfiliale und wurde Anfang der 80ér Opfer einer
Entlassungswelle.
Sein
Arbeitsplatz hatte ihm in seiner latenten Trunksucht noch Struktur
gegeben. Mein Vater hatte mit ihm eine Aufgabe im Leben, denn er
definierte sich ĂŒber Arbeit. All das brach plötzlich weg. Viele Freunde
kehrten ihm schrittweise den RĂŒcken, weil er auf der einen Seite nun
nicht mehr das groĂe Geld fĂŒr Grillpartys hatte, die oft auf unserer
Terrasse stattfanden und weil er auf der anderen Seite vermehrt verbal
ausfallend wurde, wenn er betrunken war.
Mein
Vater hatte einen anderen, verheerenden Charakterzug, der in
Kombination mit Alkohl gefÀhrlich ist, nÀmlich Melancholie und
Selbstmitleid:
Wie oft saĂ er an
Familientagen z. B. Weihnachten, weinend und betrunken auf dem Sofa
und hörte traurige Musik! TrÀnen und Traurigkeit waren fester
Bestandteil seines Lebens. Kinder mĂŒssen zwar lernen, dass ihre Eltern
auch weinen, den TrÀnen gehören zum Leben dazu. Bei ihm war dieser
Zustand sehr ausgeprĂ€gt. Ich fĂŒhlte mich als kleiner Junge oft hilflos,
wenn mein Vater zu weinen begann.
Obwohl
ich oft enttĂ€uscht und traurig ĂŒber seine Trinkgewohnheiten war und
diesbezĂŒglich einen Groll auf ihn hatte, war er mein Vater. Ich liebte
ihn vom ganzen Herzen.
Die letzten Jahre bis zu seinem Tod waren geprÀgt von...
Peinlichkeiten,
weil er einen bloĂstellen konnte und anderen Menschen gegenĂŒber
ausfĂ€llig wurde. Oft schĂ€mte ich mich fĂŒr ihn, wenn er mich betrunken
von der Schule abgholt hatte.
Wie oft habe ich ihn verleugnet oder fĂŒr ihn gelogen, um ihn zu schĂŒtzen, wenn er betrunken auf dem Sofa lag!
Wie oft sammelte ich in der U-Bahn oder auf den StraĂen sein Kleingeld wieder ein, weil er stĂ€ndig auf den Boden fiel!
Wie oft trug ich ihn nach Hause, meinen hilflosen, aber geliebten Vater!!!
Sorge,
weil er in seinen Stimmungen unberechenbar war und man nicht wusste,
wann er nach Hause kommt. Oft kam er erst nach Tagen von einer Sauftour
wieder. Er lag dann ein oder zwei Tage auf dem Sofa mitten im
Wohnzimmer und kurierte sich aus, bis er wieder los zog.
Hoffnungen,
weil er immer sagte, dass er bald mit dem Trinken aufhören wĂŒrde. Als
Kind vertraut man auf diese Worte, die er aber aufgrund seiner
Krankheit nicht einhalten konnte. Er war ein kranker Mann und konnte
seine Versprechen nicht halten. Eine Entziehungskur wollte er nicht
machen. Ich erinnere mich noch gut, wie ich bei SpaziergÀngen mit ihm
und unserem Hund "Tapsy" durch ĂberredungskĂŒnste versuchte ihn von
Kneipen fernzuhalten, die auf dem Weg lagen. Er "lockte" mich immer mit
"5 Mark" fĂŒr den Flipper und versprach mir, dass wir in EINER STUNDE
wieder gehen. Meistens waren es dann 4 oder 5 Stunden.
Wut auf ihn, weil die stÀndig gebrochenen Versprechen in mir Traurigkeit und Frust auslösten.
Ende der AufzÀhlung.
Seit
Ende der 70'er war er fast tÀglich angetrunken oder im Vollrausch.
Unterbrochen waren seine Trinkphasen nur dann, wenn er ausnĂŒchterte, im
Krankenhaus lag oder es ihm krampfhaft gelang einige Wochen am StĂŒck
nicht zu trinken. In diesen Zeiten ohne Alkohol hatte ich die oben
beschriebenen Hoffnungen.
Mein
Vater konnte zwar beleidigend werden und beim Einkaufen im Supermarkt
im Vollrausch in die Regale fallen, er war uns gegenĂŒber jedoch nie
gewaltÀtig!
Die letzten zwei
Jahre waren geprÀgt von körperlichen Symptomen und
Zerfallserscheinungen durch eine schwere Lebererkrankung. Er benötige
sehr lange, bis er eine Treppe hochstieg. Gelegentlich strömte aus ihm
viel Blut, weil sÀmtliche Adern platzten. Mehr möchte ich jetzt hier
nicht schreiben. Diese Bilder werde ich nie vergessen!!!
Die
letzten Tage vor seinem Tod war ich bei meiner Oma. Meine Mutter und
mein Vater fuhren mich zu ihr hin und wollten mich nach 2 Wochen wieder
abholen.
Mein Vater konnte
kaum noch laufen, obwohl er nĂŒchtern war. Seine Arme und Beine waren
abgemagert, obwohl er immer ein rundlicher Typ war. Er hatte eine Art
"Bauchwasser". Ich weià nicht warum, aber in meiner kindlichen NaivitÀt
fand ich das komisch und machte mich ĂŒber ihn lustig.
Meine
Eltern fuhren wieder nach Berlin. Ich rief nach zwei Tagen an und
wollte meinen Vater sprechen, doch meine Mutter sagte, es wĂŒrde nicht
gehen. Er lag im Wohnzimmer, sein Todeskampf hatte bereits begonnen!
Kurz darauf fiel er ins Koma, wurde mit einem Rettungswagen ins
Krankenhaus gefahren und einige Stunden spÀter war er Tod. Meine Mutter
rief irgendwann nachts bei meiner Oma an und erzÀhlte mir diese
Nachricht. Monate spÀter erfuhr ich, dass seine letzten Stunden vor dem
Koma qualvoll waren.
Die
darauffolgenden Tage waren von TrÀnen und Angst geprÀgt. Meine Oma und
ich fuhren nach Berlin und ein paar Tage spÀter fand die Beerdigung
statt.
Ich war 15 Jahre alt, als
er verstarb. Leider konnte ich von ihm kein Abschied mehr nehmen. Mir
fehlte die Weitsicht zu erkennen, dass es schon ein Jahr vor seinem Tod
zu spÀt war.
Plötzlich war
ich vaterlos. Ich habe ihn stets geliebt, auch wenn er nicht immer ein
glĂ€nzendes Vorbild war. Mein Vater war grundsĂ€tzlich ein groĂzĂŒgiger
Mensch, nicht nur in finanzieller Hinsicht. Manchmal sagte er,
sinngemĂ€Ă: "Pascale, geh doch mal ins Schwimmbad. Hier hast du 2 Mark
und kauf dir ein Eis, es ist Sommer." Wenn er nĂŒchtern war, ist er ein
wunderbarer Vater gewesen. Ich hatte Respekt vor ihm. Er gab mir das
GefĂŒhl, dass ich meine Kindheit ausleben darf sowie herumtoben und
spielen gehen soll. Ich sollte nur nicht ĂŒbertreiben. Sein
Standardspruch, wenn ich zu sehr herumgetobte, war: "Pascale, im RAHMEN,
alles im RAHMEN!". Das "RAHMEN" hat er immer so lustig betont, dennoch
verstand ich es und habe seine Grenzsetzung akzeptiert. Bis heute
bewundere ich seine Gratwanderung "FĂŒnfe gerade sein zu lassen" und
dennoch respektvoll aufzutreten, wenn ich es ĂŒbertrieben hatte.
Komischerweise
habe ich mich viele Jahre spÀter immer dabei erwischt, wie ich mir
"Ersatzvaterfiguren" gesucht hatte. Es waren meistens VĂ€ter von
Freunden, die mir imponierten. Diese ErsatzvÀter taugten aber dauerhaft
nicht viel, denn der DRANG seinen EIGENEN Vater sehen zu wollen, kann
grenzenlos sein! Meiner letzten Ersatzvaterfigur, der ich bis heute treu
geblieben bin, ist mein vÀterlicher Freund, der hier in S. wohnt. Er
Àhnelt meinem Vater nicht viel in seinem Charakter, er verkörpert jedoch
WĂŒnsche von mir, die ich in einem Vater gern gesehen hĂ€tte.
Mein
Vater hörte gern Schlager aus den 50'ern-80'ern und war Elvis-Fan.
AuĂerdem liebte er Freddy Quinn, die EgerlĂ€nder und das "Kufsteinlied".
GrundsÀtzlich ist er ein konservativer Mensch gewesen, mit einigen
rebellischen AnsÀtzen.
Seine Liebingsworte -sprĂŒche waren:
"Mach keine Wippchen" (Wenn ich zu waghalsig wurde)
"Was sind das fĂŒr Fisimatenten?" (Unsinn)
"Mach keinen Trajauckel" (Unsinn)
"Was ist das fĂŒr Indianermusik?" (Bezogen auf meinen Musikgeschmack)
"Alles im Rahmen" (siehe oben)
"Dr. Dr. Dr. phil" (Wenn er sich ĂŒber einen Wichtigtuer lustig machte)
Diese
Worte klingen nur dann lustig, wenn man den Zusammenhang kennt, in dem
er sie sagte. Mein Vater hatte einen trockenen Humor, sprach somit
alles ernst aus und verzog dabei keine Miene, wenn er spaĂig wurde. Ein
Witz war nur indirekt erkennbar. Weiterhin betonte er stets das ST z.
B. bei Stein und das SP z. B. bei spielen.
Sein
Tod hat mich bis zum heutigen Tag geprÀgt. Oft frage ich mich, wie
mein Leben mit ihm verlaufen wÀre ohne seine Trunksucht. Im Oktober wÀre
er "erst" 75 Jahre alt geworden. Leonard hÀtte somit einen zweiten
Opa gehabt.
Einige Fotos von ihm (mit mir zusammen) findet ihr in der "Fotogalerie" 4 und 5.
6./7. August 2014
PS: Anbei noch einmal meine Gedichte, die ich vor vielen Jahren ĂŒber ihn geschrieben habe, um diesen RĂŒckblick abzurunden.
Im Abendglanz.
Geschwollene Augen sehen nach oben
in die untergehende Sonne.
Wolken rötlich gefÀrbt.
HĂ€nde zittern.
Wieder hatte er den Inhalt des Glases
verschĂŒttet bei dem Versuch zu trinken.
Aufstehen kann er nicht.
Es fÀllt ihm schwer.
Er steht mitten im Leben und
doch neigen sich seine letzten Tage
dem Ende entgegen.
Er weiĂ es.
Gesicht aufgedunsen.
KrÀmpfe am ganzen Körper
werden gelindert bei einem
erneuten Schluck aus dem Glas.
So viel hÀtte er gern noch gesehen
und gesagt.
Niemand verstand ihn.
Hilfe wollte er nicht.
Er wollte sich bei seiner Frau
entschuldigen fĂŒr die
letzten Ehejahre.
Seinen Kindern wollte er noch einen
Abschiedskuss geben,
doch sie waren nicht da.
Er wird beide nicht mehr sehen.
Die nÀchste Begegnung mit
ihnen wird auf dem Friedhof sein.
Gewidmet meinem Vater (1939-1989)
Pascale A.
30.08.2001
Vaterlos.
VĂ€terlicher NĂ€he,
beerdigt als ich 15 Jahre war.
TrÀume verbrannt.
Hoffnungen ertrunken.
Der FrĂŒhling liegt mit ihm begraben
unter schwarzen Rosen,
die HerbststĂŒrme mit ins Land
der Einsamkeit wehten.
GlĂŒhende Sehnsucht nach eisiger Ferne.
Sein Schatten ist immer bei mir.
Meinen sehe ich nicht.
Suchen kann ich im Staub meiner WĂŒste.
Finden werde ich ihn nie.
Mit ihm spricht die Brandung meines Herzens.
Erinnerung verblutet auf dem Weg in die Vergangenheit.
Alles, was von ihm in mir ĂŒbrig blieb, ist kalte Leere.
GesprÀch ist zu einem Gebet verkommen.
Mein einziger Gang zu ihm ist ein Besuch auf dem Friedhof.
Letzter Weg ihm Liebe zu zeigen ist ein Kniefall vor seinem Grab.
Alles, was ich von meinem Vater noch habe, ist nichts.
01.09.2001
Pascale A.
RĂŒckblick 2 (Berliner Mauerfall vor 25 Jahren).
In wenigen Tagen nĂ€hert sich der Berliner Mauerfall zum 25 Mal. Es ist an der Zeit fĂŒr einen kurzen RĂŒckblick meiner Erlebnisse. Diesen Eintrag hatte ich vor vielen Jahren schon einmal gepostet. Er ist unter "Erlebnisse" zu finden.
"Mein" 09. November 1989
FrĂŒh
morgens wurde ich wach, denn der 9.11. war ein gewöhnlicher
Schultag. Ich schaltete den Fernseher ein und sah eine
"LiveĂŒbertragung" von der Berliner Mauer, was fĂŒr die damalige Zeit
sehr ungewöhnlich war. So eine Art "FrĂŒhstĂŒcksfernsehen" gab es zu
dieser Zeit noch nicht. Zehntausende Menschen standen jubelnd an
den GrenzĂŒbergĂ€ngen und um die Berliner Mauer herum, viele tanzten
mit Sekt auf der Mauer. Ich war euphorisiert, lief zu meiner Mutter
ins Schlafzimmer und weckte sie. Wir saĂen dann vor dem Fernseher
und waren fassungslos.
Das
sich etwas in der ehemaligen DDR bewegte, war ja vorher schon
bekannt. Viele tausend DDR-BĂŒrger flohen Tage und Wochen vorher
ĂŒber Ungarn-Ăsterreich in die Bundesrepublik. Dennoch war nicht im
Geringsten absehbar, dass die Mauer auf diese Weise fallen wĂŒrde.
In den nÀchsten Tagen war Berlin-West im Ausnahmezustand.
Hunderttausende Menschen sowohl aus Ost-Berlin und West-Berlin, die
anderen aus der ĂŒbrigen DDR und auch Touristen, die sich das
Spektakel ansehen wollten, bevölkerten die Strassen und U-Bahnen.
Alles stand still, ĂŒberall Stau, KaufhĂ€user und Bahnhöfe wurden
wegen ĂberfĂŒllung geschlossen. Am KurfĂŒrstendamm und Umgebung fuhr
kein Auto mehr. Menschenmengen, soweit das Auge reichte.
In diesen Tagen war das Unmögliche möglich geworden und ich war
wie elektrisiert. Man kann es sich heute gar nicht mehr vorstellen
oder jemanden erzÀhlen, der es nicht miterlebt hat: An dieser
Mauer war die "Welt zuende"! Kein Durchkommen ohne SchĂŒsse gegen
die DDR-BĂŒrger bzw. oft stundenlanges Warten an den GrenzĂŒbergĂ€ngen
fĂŒr die BRD-BĂŒrger oder wenn man als West-Berliner ĂŒber die
Transitstrecke nach West-Deutschland wollte. Und dann tanzten
Menschen auf der Mauer rum und die Grenzsoldaten waren wie
gelÀhmt? Das war UNVORSTELLBAR! Fremde lagen sich vor Freude
weinend in den Armen, sangen, klatschen und tobten vor Freude.
Diese Bilder werde ich nie vergessen. Noch heute bekomme ich
GĂ€nsehaut, wenn ich Berichte ĂŒber den Mauerfall im Fernsehen sehe.
Und das Komische ist, man kann einem Menschen, der damals nicht in
West-Berlin gewohnt hat, nicht klar machen, was das Besondere an
der "Insellage" war. Dieses aussergewöhnliche GefĂŒhl in
West-Berlin zu leben, war einmalig.
Ich
wĂŒnschte mir heute, jeder Einwohner dieses Landes hĂ€tte diese
"Magie" fĂŒhlen können, die sich am 9. November und den
darauffolgenden Tagen in Berlin abgespielt hatte. Ein Einwohner z.B.
aus Bayern hat ja vom Mauerfall emotional nichts mitbekommen,
auĂer die Bilder im Fernsehen. Heute ist alles so normal und
selbstverstĂ€ndlich geworden, man fĂ€hrt ĂŒber die ehemalige Grenze,
als ob nie etwas gewesen wÀre.
Auf
der einen Seite ist es ja schön, dass die Dinge so
selbstverstÀndlich sind, aber auf der anderen Seite ist das
offensichtliche Vergessen eines solchen Ereignisses schon sehr
merkwĂŒrdig. Leider war auch mein GefĂŒhl, dass es nach einigen Wochen
nur noch genervt hat, dass man stundenlang irgendwo warten musste,
weil die Menschenmassen weiterhin nach West-Berlin strömten. Aus
Freude wurde im Laufe der Zeit GleichgĂŒltigkeit gegenĂŒber den
Folgen des Mauerfalls, denn der Alltag und die Bewegungsfreiheit
war durch die Menschenmassen stark eingeschrÀnkt. Es gab auch
viele Dinge nicht mehr zu kaufen, weil gar nicht soviel produziert
und geliefert werden konnte, wie gekauft wurde.
Heute
hört man, dass die Mauer eigentlich in dieser Art nur aufgrund
eines MissverstĂ€ndnisses im PolitbĂŒro gefallen war. Denn das sich
zehntausende Menschen auf die Grenze zubewegten und ungehindert in
den Westen strömten, war von der SED-FĂŒhrung so nicht geplant
gewesen. Die Ausreise sollte vereinfacht werden, das war die
Grundplanung. Aber was Schabowski (Schreibweise?) da auf einer
Pressekonferenz vorgelesen hat und so in einem Nebensatz erwÀhnte,
war wohl in der Umsetzung anders gedacht gewesen. Die Menschen
probierten es einfach aus und liefen auf die Mauer zu.
Was hab ich aus dieser Geschichte gelernt? Erstens, das sich
VerhÀltnisse jeder Zeit Àndern können und zwar schneller, als man
sich vorstellen kann. Und das gilt in jeder Lebenslage.
Zweitens,
das nichts im Leben von ewiger Dauer ist. Das kann fĂŒr eine eine
Mauer gelten oder die Erinnerung im Allgemeinen.
Drittens, das es unmöglich ist, Emotionen an die Nachwelt weiterzugeben.
Viertens,
das Menschen Ereignisse im Laufe der Zeit einfach vergessen oder
anders bewerten, als sie in einem gewissen Moment erlebt wurden.
FĂŒnftens, das jeder Moment
einmalig ist und so, wie er gelebt und gefĂŒhlt wurde, nicht wieder
kommt. Die Zeit ist wie ein "Zug", der nur einmal an jeder
Station hĂ€lt. Fragt mich nicht warum, aber im Grunde liegt da fĂŒr
mich etwas Tragisches.
Geschrieben: MĂ€rz 2008
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