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Mittwoch, 2. September 2020

Eintrag 353

 Interview 10

August 2020


Hallo Pascale! Dein letztes Interview war im Mai 2017. Es ist schön, dass Du wieder ein Interview gibst: Ja, ich freue mich auch!

Du bist wieder geschieden? Ja, das ist richtig. Einzelheiten der Trennung und Scheidung werde ich hier selbstverstĂ€ndlich nicht nennen, denn es ist eine private Sache. Bei Trennungen gibt es naturgemĂ€ĂŸ immer 2 Sichtweisen und Meinungen. 

Warum wohnst Du wieder in Siegen und bist nicht in Berlin geblieben? Obwohl die Trennung "im Guten" war, gab es, wie das bei Trennungen oft ĂŒblich ist, nur ein gewisses Zeitfenster fĂŒr gewisse Entscheidungen. Dieses Zeitfenster wurde zwar nicht definiert, aber die Dinge konnten nicht ewig in einer "Schwebeposition" bleiben. Ich habe vorĂŒbergehend bei einem Kumpel gewohnt, dies war aber kein Dauerzustand. Aufgrund der UmstĂ€nde empfand ich eine Art innerlichen Druck, mein Leben anders gestalten zu mĂŒssen. Plötzlich entstanden Gedankenpiele, um nach Auswegen aus der Situation zu suchen. Ich spielte einige Szenarien durch und prĂŒfte, mit welcher Entscheidungsvariante ich mich am Wohlsten fĂŒhlen wĂŒrde.

In mir reifte schnell der Entschluss, wieder in die NĂ€he meines Sohnes zu ziehen. Mein Arbeitgeber konnte mich an einen Standort in NRW ĂŒberstellen, sodass meine wirtschaftliche Existenz gesichert wĂ€re. Diese Möglichkeit hatte mir eine potentielle Jobsuche erspart und meine Entscheidung fĂŒr einen Neu-Anfang in Siegen begĂŒnstigt.

Es gab aber auch ein Szenario, welches ein Verbleib in Berlin beinhaltet hĂ€tte. Hierbei bemerkte ich 2 Gegebenheiten, die sich so schnell nicht Ă€ndern ließen:

1) Die Mieten in Berlin sind teurer als in Siegen und die Wohnungssuche in Berlin dauert sehr lange. Aufgrund meines Budgets wĂ€re es schwer geworden a) eine Wohnung in Berlin zu fĂŒhren UND b) meinen Sohn ein Mal im Monat in Siegen zu besuchen, weil so ein Papa-Wochenende locker 300 Euro kostet. Bei meinem Kind wollte ich dann keine Abstriche machen. Leonard hĂ€tte nicht zeitlich darunter "leiden" sollen, mich noch weniger zu sehen, weil ich die Papa-Wochenenden aus finanziellen GrĂŒnde hĂ€tte "strecken" mĂŒssen.

2) Ich habe bereits sehr viel Kindheit verpasst. Ich konnte Leonard aufgrund der UmstĂ€nde nur ein Mal im Monat besuchen, das war mir und ihm viel zu wenig. Eine verlorene Kindheit ist zwar nicht nachholbar, aber ich kann dafĂŒr sorgen, dass ich zumindest am "Rest" seiner Kindheit mehr teilhaben kann als bisher.

All das in der Summe fĂŒhrte zu dem Entschluss, relativ zĂŒgig nach Siegen ziehen zu wollen. Irgendwann flackert so ein Gedanke auf und wenn man sowieso vor einem Neuanfang steht, dann nimmt die Sache ihren Lauf. 

Gab es denn kein "zurĂŒck" mehr? Ich möchte hier nicht ins Detail gehen. So ein Trennungsprozess passiert selten ĂŒber Nacht. Irgendwann ist ein "Point of no return" ĂŒberschritten. Geraten die Dinge erst einmal ins Rutschen, so merkst Du plötzlich, dass Du in einem Umzugswagen sitzt und nach Siegen fĂ€hrst. Das passiert einfach. Wirft man ein Stock in einen kleinen Fluss, dann ĂŒbernimmt das Wasser den weiteren Verlauf. 

Und wie lang dauerte die Wohnungssuche in Siegen? Es fand sich relativ schnell eine bezahlbare Wohnung in der Oberstadt. Es dauerte rund eine Woche fĂŒr ein Besichtigungstermin bei einer großen Wohnungsvermietungsgesellschaft.

Wie lÀuft es mit der Arbeit? Gut. Da ich in der Zeitarbeit bin, habe ich verschiedene KundeneinsÀtze in NRW. Die Fahrtzeit ist nur unwesentlich lÀnger als bei ArbeitseinsÀtzen in Berlin.

Freut sich Leonard, dass er Dich öfter sieht? Ja, auf jeden Fall. Ich fĂŒhle, dass es ihm gut tut, wenn ich öfter an seiner Seite bin. Wir sehen uns 2-3 Mal im Monat an den Wochenenden und es ist mehr "Alltag" zwischen uns eingekehrt. Ich wollte immer ein Papa sein, der mit seinem Kind auch kocht oder Schularbeiten macht. All das geht vor Ort besser als mit einer 6-stĂŒndigen Fahrtzeit pro Strecke.

Hast Du Dich in Siegen wieder eingelebt? So halbwegs. Auch wenn ich in dieser Stadt viele Jahre wĂ€hrend meines Studiums wohnte, so ist die Zeit nicht stehen geblieben. Viele Freunde aus Studientagen leben nicht mehr hier oder haben eine Familie gegrĂŒndet. Die Uhren liefen auch in Siegen weiter (ohne mich).

Schreibst Du noch Gedichte/Texte? Ja, aber nicht mehr so oft. Eine Auswahl meiner Texte findet ihr in der MenĂŒleiste links unter "Meine Gedichte..."

Warum hast Du diesen neuen Blog eröffnet? Leider gab es bei dem vorherigen Bloganbieter vermehrt ServerausfĂ€lle oder -abschaltungen. Da ich sehr gern blogge, war mir dies zu unbestĂ€ndig und ich hatte Sorge um meine Daten. Also habe ich viele alte EintrĂ€ge und Texte hier in den neuen Blog transferiert, siehe all die Seiten in der MenĂŒleiste. Meinen alten Blog behalte ich als "Archiv", dort schreibe ich jedoch keine neuen EintrĂ€ge mehr. Der Link zu meinem alten Blog befindet sich links, direkt unter dem BesucherzĂ€hler. Es ist so, als hĂ€tte ein Tagebuch keine Seiten mehr und man muss ein neues Buch beginnen.

Was denkst Du ĂŒber die Corona-Pandemie? Ich habe dazu diverse EintrĂ€ge verfasst, die fast alle unter der Rubrik "Notizen" zu finden sind. Kurz gesagt halte ich Corona fĂŒr eine sehr ernste Angelegenheit. Mir machen Meldungen Sorgen, dass auch "milde" VerlĂ€ufe zu OrganschĂ€den fĂŒhren können. Genesen bedeutet offenbar nicht immer, dass der Infizierte wieder gesund ist. Ich find es traurig, dass viele Menschen nicht mit Maß & Vernunft durch die Pandemie gehen können, sondern hemmungslos feiern oder Regeln bewusst missachten und somit neue Infektionsketten entstehen können, an deren Ende vielleicht eine Oma hĂ€ngt und um ihr Leben bangt.

Wie fĂŒhlst Du Dich allgemein? Mir geht es deutlich besser als im Herbst 2019. Ich genieße viele schöne Momente und vertraue dem Zauber des Anfangs.

Vermisst Du "Berlin"? Diese Stadt ist fĂŒr mich eine Art "Hass-Liebe". Ich bin dort aufgewachsen und habe prĂ€gende Jahre verbracht. "Vermissen" wĂ€re das falsche Wort. 

Vielen Dank fĂŒr das Interview. Bitte sehr. Es war mir eine große Freude :-)

Dieser Eintrag wurde am 23.08.2020 geschrieben.

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