Zynische Debatte
"Tod MIT oder DURCH"-Corona
Leider lese ich stĂ€ndig irgendwelche Meinungen, welche die Corona-MaĂnahmen deskreditieren. Leider wird hier die berechtigte Debatte ĂŒber die Abfederung der wirtschaftlichen Not gegen die herrschende Meinung der Virologen/Epidemiologen (Corona ist nicht harmlos) ausgespielt.
Ins Feld gefĂŒhrt wird ein Argument, dass die meisten Corona-Patienten nicht DURCH das Virus sterben sondern MIT ihm, weil sie "vorerkrankt" seien. Hierzu meine Meinung:
1) Es wurde von Anfang an gesagt, dass dieses Virus schwere VerlÀufe bei alten und vorerkrankten Menschen hervorrufen kann. Aufgrund dieser Vorerkrankungen kommt es wohl im Krankheitsverlauf, sodass viele Patienten an einem Zusammenspiel vieler Faktoren sterben.
2) Aus 1) folgt fĂŒr mich aber gerade, dass dieses Virus gefĂ€hrlich ist. Es mag zwar fĂŒr die Wissenschaft spannend sein, wie sich das Virus auf gewisse Vorerkrankungen auswirkt, aber nicht fĂŒr denjenigen Patienten, der gestorben ist.
3) Die ganze Debatte nimmt bei vielen Diskutanten einen zynischen Einschlag: Der Unterton "diese Menschen wĂŒrden doch eh bald sterben" gefĂ€llt mir gar nicht und stellt fĂŒr mich das humanistische, medizinische Weltbild in Frage. FĂŒr die Familien macht es einen Unterschied, ob eine Oma 80 Jahre alt wird oder vielleicht 86. FĂŒr einen Krebs-Patienten macht es fĂŒr seine Angehörigen auch ein Unterschied, ob dieser noch 5 oder 10 Jahre lĂ€nger lebt oder nicht. Und der ungĂŒnstige Verlauf der Corona-Erkrankung nimmt solchen Menschen diese Perspektive.
4) Ich finde das Statement eines Baseler Pathologen sehr gut:
Der Basler Pathologe Tzankov hĂ€lt die Unterscheidung von "an" und "mit" Covid-19-Verstorbenen fĂŒr unergiebig. "Wenn ich eine Krebserkrankung habe und noch ein halbes Jahr lebe und mich ein Auto ĂŒberfĂ€hrt, dann mindert das ja auch nicht die Schuld des Autofahrers", sagt er. Ăhnlich sei es bei Covid-19. NatĂŒrlich hĂ€tten die Verstorbenen viele Vorerkrankungen und die Lebenserwartung sei sicher kĂŒrzer als die von Gesunden. "Aber alle diese Patienten hĂ€tten wahrscheinlich ohne Covid-19 lĂ€nger gelebt, vielleicht eine Stunde, vielleicht einen Tag, eine Woche oder ein ganzes Jahr." Ohne das Coronavirus wĂ€ren die Verstorbenen, die er obduziert habe, "wahrscheinlich noch am Leben".
(Quelle https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/corona-obduktionen-103.html)
5) Wenn man das Weltbild einige dieser Menschen, welche die oben genannte Meinung vertreten, zynisch weiterspinnen wĂŒrde, so könnte man doch gleich sagen, dass jeder vorerkrankte Mensch mit dem 70. Lebensjahr seine Krankenkarte abgeben und ihm eine gesundheitliche Behandlung verweigert werden soll. Spielt doch eh keine Rolle, ob diese Menschen noch 5 Jahre lĂ€nger leben oder nicht.
Fazit: Mich stimmen diese oder Ă€hnliche Meinungen sehr nachdenklich und traurig. Die Corona-MaĂnahmen wurden fast ĂŒberall deutlich gelockert. Erst in 1-2 Monaten werden wir wissen, ob aufgrund dieser Lockerungen die Infektionszahlen deutlicher ansteigen als aktuell. Ein sehr gewagtes Experiment, wie ich finde. Wir haben inzwischen fast 6000 Tote in Deutschland. HĂ€tte es diese Toteszahl bereits Anfang April gegeben, Ă€hnlich wie in anderen LĂ€ndern, ob wir dann diese Lockerungsdebatte auch gegeben hĂ€tten?