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Sonntag, 6. November 2022

Eintrag 613

Frau MĂŒller

Vor ein paar Wochen schrieb ich meinem Kindergartenfreund S. eine Whatsapp-Nachricht. Sie sollte unverfĂ€nglich sein, ich wollte einfach nur kurz fragen, wie es ihm so geht. Wer eine Frage stellt, der muss auch mit einer Antwort rechnen, die er nicht hören möchte. Und genauso kam es auch, denn er teilte mir mit, dass seine Mutter im MĂ€rz dieses Jahres starb. "Frau MĂŒller" war fĂŒr mich eine prĂ€gende Persönlichkeit meiner frĂŒhen Kindheit. 

Meine Mutter freundete sich in meiner Kita-Zeit mit ihr an. Sie verabredeten, dass mich Frau MĂŒller am frĂŒhen Nachmittag mit nach Hause nimmt und meine Mutter mich nach der Arbeit dort abholen kommt. Die Kita-Zeiten waren damals noch nicht so ausgedehnt wie heute. Aufgrund dieser UmstĂ€nde lernte ich die Familie MĂŒller sehr gut kennen und fĂŒhlte mich dort sehr wohl.

Zuletzt hatte ich sie gesehen, als Leonard ungefĂ€hr 2 Jahre alt war. Ich war gerade mit Leo in Berlin unterwegs und zufĂ€llig in der NĂ€he des Wohnhauses, sodass ich einfach spontan klingelte. Da ihr Mann bereits vor vielen Jahren starb, lebte sie in dem großen Haus mit einem ihrer Söhne zusammen (nicht mein Kindergartenfreund). 

Frau MĂŒller kam ursprĂŒnglich aus Italien und heiratete irgendwann in den 60Ă©r Jahren einen Deutschen. Aus dieser Ehe entsprangen 3 Kinder. Einer davon ist S., mein Kindergartenfreund. Es ist wirklich schwer den einmaligen Charakter seiner Mutter zu beschreiben.

Sie war klein und hatte einen typisch italienischen Akzent. Es gelang ihr gut eine Balance zwischen GutmĂŒtigkeit und Respekt in ihrem Erziehungsstil wirken zu lassen. Besonders ihr Humor und ihr Lachen waren sehr einprĂ€gsam. Frau MĂŒller strahlte eine große Herzlichkeit aus, ein wesentlicher Eckpfeiler ihres Charakters. Wenn es einmal hoch her ging, wie es bei mehreren Kindern nicht unĂŒblich ist (auch mit Besuchskindern, wie mich), dann setzte sie ihre Stimme ein, und plötzlich war alles wieder ruhig. Gelegentlich sprach sie absichtlich sehr leise und gestikulierte dabei mit ihrem Zeigefinger, was eine unheimlich intensive Wirkung auf uns Kinder hatte. 

Sie backte jeden Sonntag Kuchen, drehte den Teig von Nudeln, Spaghetti, Pizza und Ravioli hĂ€ndisch durch eine spezielle Teigmaschine, was fĂŒr ein Kleinkind, so wie ich es damals war, sehr beeindruckend aussah. 

Diese Familie "MĂŒller" war eine Institution meiner frĂŒhen Kindheit. Im Jahr 2015 schrieb ich einen kurzen Blogeintrag ĂŒber meine Erlebnisse, den ich gern noch einmal einstelle. Weihnachten 2014 / 2015 traf ich mich nach ĂŒber 15 Jahren mit S., weil wir uns einfach mal wiedersehen wollten.

53. Ein Haus im Petunienweg...

...war ein wunderbarer und erlebnisintensiver Ort meiner Kindheit! Dort wohnte die Familie meines Kindergartenfreundes S., mit dem ich mich vor Weihnachten traf.

Wir besuchten beide dieselbe Kindergartengruppe. Seine Mutter nahm mich nachmittags oft mit nach Hause (in Absprache mit meiner Mutter), weil die KITA frĂŒher schloss, als meine Mutter nach der Arbeit nach Rudow fahren konnte.

Mit S. war ich ĂŒber 10 Jahre befreundet und ĂŒbernachtete gelegentlich an den Wochenenden bei ihm. Wir spielten mit Star Wars-Figuren, kletterten auf den BĂ€umen des großen GrundstĂŒckes herum oder bauten im Wohnzimmer die elektrische Eisenbahn auf. Aus dem Etagenbett wurde ein Piratenschiff und aus ein paar Brettern bauten wir eine Bude.
Abends fuhr ich mit dem Kinderrad nach Hause. Ich bewundere seinen Vater, der selbstĂ€ndig war und an den Wochenenden immer volles Haus hatte, denn die Freunde seiner anderen beiden Söhne waren auch zu Besuch. Heute denke ich mir, das der arme Mann kaum abschalten konnte, weil immer Kinderbesuch im Haus hatte:-) Ich war hartnĂ€ckig und blieb bis um 20.00, bevor ich nach Hause fuhr, weil ich mich nicht verabschieden wollte. 
Mir imponierte besonders seine Mutter, weil sie so ein großzĂŒgiges und beeindruckendes GemĂŒt hatte. Diese Familie war zeitweise eine Art "Ersatzfamilie" fĂŒr mich, bei der ich mich sehr wohlfĂŒhlte. Gern denke ich an diese vielen erlebnisreichen Stunden zurĂŒck.
Als Teenager verloren wir uns aus den Augen. Jeder hatte andere Interessen und andere Freundeskreise. Ich stehe heute wieder in E-Mailkontakt mit ihm und freue mich ihn wiedergesehen zu haben. Heute wohnt nur noch die Mutter im Haus.
Kindheitserinnerungen, so intensiv und tief verwurzelt in der Seele, prĂ€gen eine Persönlichkeit. GerĂŒche und Bilder habe ich tief in mir abgespeichert und sie dienen als Erinnerungsanker einmaliger Momente. 

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