Meine Gedanken aus dem Jahr 2010
Wie schnell doch die Zeit vergeht.
Als ich um die 20 Jahre jung war, schien es so, als stünde die Zeit still. Ich lebte ausschließlich im Hier und Heute und verschwendete kaum einen Gedanken an die Vergangenheit oder Zukunft. Ich hatte kaum ein Ereignis eine Woche im voraus geplant. Mahnende Worte älterer Menschen aus meinem Umfeld, mich um meine "Zukunft" zu kümmern, prallten innerlich an mir ab. "Was interessiert mich, was in 20 Jahren ist?". Das ist damals meine Grundhaltung und die meines Freundeskreises gewesen. "Die Zeit wird es schon richten" war die Devise. "Wo ist die nächste Party?" war eine viel bedeutendere Frage, die wir uns stellten. Die Abendplanung lag näher als die der kommenden 20 Jahre. Das Problem bestand aber nun darin, dass die Zeit an einem Menschen vorüber zieht und die Möglichkeiten nicht auf ihn warten.
Die Konsequenz der Zeit ist bekanntlich brutal. Dies spüren z.B. Frauen, welche die richtige Zeitspanne verpaßt haben ein Kind zu bekommen, sie nun aber eines wollen. Alle Wünsche wurden immer in die Zukunft verschoben, bis man selbst von der Zukunft verschoben wurde, weil der Zahn der Zeit an einem nagt. Und die Zeitpanne, in der es überhaupt noch etwas zu planen gibt, wird in den Jahren auch immer kürzer.
Die volle Konsequenz der Zeit bekommen auch Menschen um die Mitte 40 zu spüren, wenn sie sich auf dem Arbeitsmarkt bewerben und als "zu alt" gelten. Dabei waren sie vor ein paar Jahren 35 und merkten, das noch alles viel einfacher ging. Doch so eine komische, im Grunde nichtssagende Zahl wie ein Geburtsdatum, manövriert einen Menschen, unabhängig von seinen Fähigkeiten und Erfahrungen, ins Aus. Man muss sich fast "schämen", warum man sich überhaupt noch wagt mit 50 Jahren zu bewerben. Zwar hat man noch circa 15 Jahre bis zur Rente vor sich, doch es wird so getan, als ob man schon Windeln um den Hintern hat und nicht mehr weiß, wie ein Telefon zu bedienen geht. Kaufen soll man mit 50 Jahren alles und zwar um jeden Preis, aber sich bewerben in diesem Alter, da wird man fast ausgelacht.
In 5 Jahren stehe ich an einer ähnlichen Schwelle und muss mich, unabhängig von meinem Potential und Talent, für eine nichtssagende Zahl "rechtfertigen". Dabei änderten sich auch die Bewerbungsansprüche einiger Unternehmen. Anfang der 90 er Jahre lagen uns die Lehrer in der Schule in den Ohren, dass es wichtig wäre, möglichst lange in EINEM Unternehmen tätig zu sein, wenn man sich für eine neue Stelle bewerben wollte. Menschen mit "Sprüngen" im Lebenslauf galten als nicht gradlinig und sprunghaft. Heute ist es eher "modern", wenn ein Arbeitnehmer in möglichst vielen Unternehmen gearbeitet hat und sich somit als "flexibel" bezeichnen kann. Viele Werte wandelten sich im Laufe einer relativ kurzen Zeitspanne fast grundlegend. Wer sich heute nicht schnell "anpaßt", ist raus aus dem "Spiel des Lebens". Dabei galt auch mal das Motto, das "Anpasser" wenig Charakter haben und leicht "formbar" sind. Doch viele Menschen merken nicht, dass diese völlige Flexibilität in fast allen Bereichen des Lebens auch schon wieder ein uniformer Zwang ist.
Pascale A.
Siegen, 2010
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