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Dienstag, 3. März 2020

Eintrag 272

Beim Lesen vieler Zeitungen erfriert mein frisch aufgebrühter Kaffee.


Ein Kommentar von
Pascale A.


Im Grunde lese ich gern Tageszeitungen, besonders an denjenigen Wochenenden, an denen ich allein bin. Das Zeitunglesen habe ich mir jedoch seit längerer Zeit abgewöhnt, weil ich moralische Untertöne in den Artikeln nicht mag.

Seit vielen Monaten springt mir schon vermehrt bei den "Überschriften" zu sämtlichen gesellschaftlichen Themen eine klare Wertung des Autors ins Gesicht. Und diese Wertungen sind, wenn ich sie genauer betrachte, alle sehr ähnlich. Natürlich ist mir bewusst, dass in vielen Tageszeitungen, egal welcher Art, die Betrachtung des Autors oft mit in die Formulierung einfließt und die Nachrichten nicht, wie in einem Polizeibericht oder in der abendlichen Tagesschau, "neutral" beschrieben werden können. Das war schon immer so und wird vermutlich auch so bleiben.

Was mir als Demokrat und frei denkender Mensch, der die Meinungsfreiheit liebt, missfällt, ist der extrem moralische Unterton, der nach jedem Textabsatz in meinen Ohren klingelt. Zwischen den Sätzen tippt mich stets ein oberlehrerhafter Zeigefinger an, der mir zu sagen scheint:" Wenn Du das als Leser nicht auch so siehst, dann stehst Du am Rande der Gesellschaft...dann bist Du nicht mehr zeitgemäß...dann bist Du gegen die Umwelt...etc."

Sowas mag ich überhaupt nicht! Es gibt viele dieser eben genannten Meinungen, die ich inhaltlich vielleicht teile. Obwohl ich oft eine ähnliche Haltung wie diese Autoren habe, stört mich jedoch diese moralische Arroganz, keine Kritik üben zu "dürfen". Jede Form von Kritik macht einen "verdächtig" in einer politischen Ecke zu stehen, in der man eigentlich gar nicht steht.

Ähnlich verhält es sich bei den "Polit-Talkshows" im TV. Hier wird zu einem Thema geladen, bei dem der moralische Duktus, der in die Gesellschaft vermittelt werden soll, schon fest zu stehen scheint. Das Gästeverhältnis ist meist ungleich verteilt, was die Meinungsausgewogenheit betrifft. Oft werden zu einem brisanten Thema nur ein oder zwei "Alibi-Gäste" geladen, die mehreren Gästen mit der "gesellschaftlichen Mehrheitsmeinung" gegenüberstehen und nur eine kurze Redezeit bekommen. Als Krönung wird ihnen ins Wort gefallen. Auch bei der Abmoderation eines Statements habe ich schon moralische Wertungen der Moderatoren herausgehört, die jedem halb eingeschlafenen TV-Zuschauer signalisieren sollen, dass diese Meinung bloß nicht mehrheitsfähig werden möge.

Obwohl ich meistens im "Mainstream" liege, was die mehrheitsfähige gesellschaftliche Meinung zu einem Thema betrifft, so stimmen mich, als eingefleischter Demokrat, diese Dinge nachdenklich. Offenbar ist immer noch nicht ins breite öffentliche Bewusstsein gerückt, dass sich Teile der Gesellschaft von den gängigen Medien abgewandt haben, weil diese als "Mainstream-Medien" eingestuft werden, die über gewisse erlebte "Wahrheiten" scheinbar nicht mehr berichtet. Ob diese Subjektivität zutreffend ist oder nicht ändert nichts an der Tatsache, dass sich viele "alternative" Nachrichtenkanäle im Internet entwickelt haben, welche sich rasant verbreiten. Diese scheinbar "unterdrückte" Meinung, die in den oben genannten Kanälen, subjektiv betrachtet, nicht mehr ausreichend zu Wort kommt, sucht sich auf diesem Wege einen anderen Weg an die gesellschaftliche Oberfläche.

Nach meiner Empfindung hat all das in der Summe mit dazu beigetragen, dass die demokratische Kommunikation zwischen den politischen und gesellschaftlichen Lagern seit geraumer Zeit stetig "verroht". Anstatt den Andersdenkenden zuzuhören und zu verstehen, wird er schneller diffamiert als noch vor 20 Jahren, so mein Eindruck.

Allgemein betrachtet: Ein Meinungssender kann andersdenkende Menschen nicht von seinen Gedankengängen überzeugen, wenn er ihnen nicht zuhört und die Gründe erfragt, warum sie diese oder jene Meinung vertreten. Eine Demokratie lebt vom Widerspruch. Es wäre zuerst wichtig, andere Meinungen zu "ertragen", um eine Gesprächsbasis aufzubauen. Weiterhin wäre es gut, in einer Kommunikation "Brücken zu bauen" anstatt sie von vorneherein gar nicht erst entstehen zu lassen oder einzureißen. Ohne Kompromisse kann Demokratie nicht wachsen.

Mein Fazit: In vielen dieser "moralischen" Artikel vertritt ein Autor eine klare Haltung, was auch sein Recht ist. Aber Menschen, welche diese Haltung kritisieren, gleich zu "verdächtigen", in irgendeiner politischen Ecke zu stehen, nur weil sie ggf. eine andere Ansicht haben, schafft keinen notwendigen Diskurs, sondern fördert eher Konflikte, die eigentlich gelöst werden sollten.